Über das deutsche Schulwesen im Banat
1. Geschichtlicher Abriss
Fast 200 Jahre nach der Schlacht bei Mohatsch (1526) beendeten die kaiserlichen
Heere die Türkenherrschaft in der ungarischen Tiefebene. Nach der siegreichen
Schlacht bei Peterwardein entschloss sich Prinz Eugen, die türkische Festung
Temeschburg zu erobern.
Am 25.08.1716 traf das Gros des Heeres vor der Festung
ein, sechs Tage später war diese von ihrer Umgebung völlig abgeschnitten. Mustafa
Pascha verteidigte sie mit 18.000 Mann darunter befanden sich 5.000 Madjaren
(Kurutzen) unter Führung von Imre Thököly. Die eigentliche Belagerung dauerte 42
Tage, denn am 12. Oktober um 11.30 Uhr hissten die Türken eine weiße Fahne auf
dem Festungswall. Sie durften mit den Frauen und Kindern frei abziehen. Als der
Pascha auf der Urkunde der Übergabe die Frage stellte, was mit Thökölys Kurutzen
geschehen solle, schrieb Prinz Eugen an den Rand der Urkunde: "Die Kanaille kann
gehen wohin sie will". Nach Abzug der Türken blieben in der Festung noch 645
Personen: 35 Armenier, 144 Juden und 466 Raizen. Mit "Raizen" bezeichnete man
damals sowohl Serben als auch Walachen. Erst später nannten sich die Walachen
Rumänen und das Wort „Raizen“ wird ausschließlich für Serben verwendet. Im Jahre
1717 eroberte Prinz Eugen mit der kaiserlichen Armee die Festung Belgrad, eine
spektakuläre Tat, die auch in dem bekannten Marsch "Prinz Eugen, der edle Ritter'"
besungen wird. Mit dem Friedensschluss im Dorf Passarowitz am 21. Juli 1718
erreicht die Habsburger Monarchie ihre größte Ausdehnung gegen Südosten. Ungarn
wurde dem österreichischen Kaiserreich einverleibt.
Vor der Türkeninvasion gehörte das Banat, ein Gebiet etwa so groß wie Belgien
zwischen den Flüssen Donau, Theiß, Marosch und den Ausläufern der Südkarpaten,
zu Ungarn und selbstverständlich wollten die Madjaren das Gebiet nach der
Verdrängung der Türken wieder haben. Prinz Eugen, der siegreiche General,
vereitelte die Rückgabe, indem er dem Kaiserhaus empfahl, das eroberte, nahezu
menschenleere Gebiet in ein kaiserliches Krongut zu verwandeln. Das bedeutete,
dass der Kaiser als Landesfürst der einzige Eigentümer und Grundherr des Banats
war, das mittels eines Gouverneurs von Wien aus zentral geführt wurde. Das Banat,
als Bollwerk gegen die Türken, erhielt eine starke Besatzung von 13 Kavallerie-
Regimentern und 12 Bataillone Infanterie. Kommandant und erster Gouverneur
wurde Graf Mercy. Die 1717 von ihm angeordnete Konskription des Banats wies in
663 Ortschaften mit 21.289 Rauchfänge (=Haushalte) aus, das entspricht in etwa
einer Bevölkerungszahl von 90.000 Einwohnern. Zwischen 1723 und 1725 ließ Graf
Mercy das Banat vermessen und veranlasste Flussregulierungen und den Bau des
Begakanals (1727-1739), um in breiten versumpften Landstrichen den Ackerbau zu
ermöglichen und damit auch das Klima zu verbessern.
Nun galt es, das teilweise entvölkerte und durchwegs verwahrloste Gebiet
wirtschaftlich und kulturell dem Abendland wieder einzufügen. An diesem
Aufbauwerk wurden nicht nur Madjaren, Slawen und Rumänen, sondern auch
Italiener, Spanier, Franzosen und vor allem viele Deutsche beteiligt. Von geistlichen
und weltlichen Grundherrn, meist jedoch von der kaiserlichen Regierung aus dem
Westen und Südwesten Deutschlands sowie aus Österreich herbeigerufen, kamen sie
als Bauern, Handwerker und Bergleute und schufen sich hier in zäher Ausdauer, mit
unermüdlichem Fleiß und durch vorbildliche Tätigkeit eine neue Heimat. Auf die
mitwohnenden Völker wirkten ihr Ordnungssinn, ihre kulturelle Aufgeschlossenheit
und wirtschaftliche Fortschrittlichkeit oft beispielgebend. Ohne sich dessen recht
bewusst zu sein, erfüllten sie so dank ihres Wesens als deutsche Menschen christlich-
abendländischer Prägung eine friedliche Sendung im Dienste Europas. Ein klares
politisches Bekenntnis zum Deutschtum war bei ihnen im Allgemeinen nicht
vorhanden. Die weit überwiegende Mehrheit bewahrte die eigene Sprache, den
Glaube, die Sitten und das Brauchtum und wurde durch die Besonderheit des neuen
Lebensraumes sowie durch die gemeinsam erlebte Geschichte allmählich zum Neu-
Stamm der Donauschwaben geformt.
Die Besiedlung des Banats mit deutscher Bevölkerung erfolgte hauptsächlich in den
sogenannten drei großen Schwabenzügen: 1. Schwabenzug unter Kaiser Karl VI.
(1711-1740) von 1723 -1726 mit ca. 15.000 Siedlern, 2. Schwabenzug unter Kaiserin
Maria Theresia (1740-1780) von 1763 - 1773 mit ca. 17.000 Siedlern und 3.
Schwabenzug unter Kaiser Josef II. (1780-1790) mit ca. 13.000 Siedlern. Da die
Ansiedlung aber in dieser Zeitspanne nie ganz zum Erliegen kam, kann man von
insgesamt 60.000 Ansiedlern sprechen.
Die Madjaren gaben indes nicht auf. Kaiser Karl VI hatte 1713 die "Pragmatische
Sanktion" (Immerwährende Festsetzung) eingeführt, nach der die Erbfolge in
männlicher und weiblicher Linie nach dem Erstgeburtsrecht erfolgt, um eine Teilung
des Habsburgerreichs nach seinem Tod zu verhindern. Obwohl Karl VI. die
Zustimmung der europäischen Mächte unter großen politischen Zugeständnissen
gewann, musste Maria Theresia nach dem plötzlichen Tod ihres Vaters ihr Erbe im
österreichischen Erbfolgekrieg dennoch verteidigen. Nach diesem Krieg, der Maria
Theresia Schlesien gekostet hat, schenkte sie das Banat 1778 den Ungarn als
Belohnung für geleistete Kriegsdienste.
Im Banat, das die Ungarn übernahmen, lebten neben den Deutschen noch Walachen,
Serben, Ungarn, Bulgaren, Slowaken, Tschechen, Ruthenen, Schokazen, Juden,
Kraschowäner, Franzosen, Italiener, Armenier, Zigeuner, vereinzelt auch Türken.
Im langen Kampf der Ungarn um ihre Selbständigkeit scharte sich schon 1703 bis
1711 um Franz Rakoczi eine Gruppe von Freiheitskämpfern, die gegen die kaiserliche
Herrschaft vorgingen (Kurutzen-Aufstand), letztlich aber scheiterten.
In der Revolution von 1848 erklärte sich Ungarn für unabhängig von Österreich. Im
ungarischen Reichstag wurde verkündet: „In Ungarn gibt es nur eine Nation, die
ungarische....“ Am 12.August 1849 mussten die noch kämpfenden Madjaren nächst
Vilagos/Hellburg bei Arad vor dem kaiserlichen Heer und seinen russischen
Verbündeten kapitulieren. Nach der Niederschlagung der Rebellion wurde Ungarns
Selbständigkeit abgeschafft und das Banat wurde der improvisierten "Wojewodschaft
Serbien und Temescher Banat" zugeschlagen und wieder unter österreichische
Verwaltung gestellt.
Dem Krieg gegen Italien 1859 und der Krieg zwischen Österreich und Preußen 1866
folgte der Ausschluss Österreichs aus dem Deutschen Bund. Diese erneute
Schwächung führte zum überstürzten Ausgleich 1867 zwischen Österreich und
Ungarn und daraus entstand die Doppelmonarchie. Ungarn wird als eigener,
selbständiger Staat anerkannt, erhält eine eigene Verfassung, Gesetzgebung und
Verwaltung, dafür bildet es mit Österreich eine Personalunion mit gemeinsamem
Außen-, Kriegs- und Finanzministerium. Am 8. Juni 1867 fand in Ofen die Krönung des
Kaisers von Österreich, Franz Josef I., zum König von Ungarn statt. Die inneren
Angelegenheiten ordneten die Ungarn fortan selbst. Das Banat kam erneut zu
Ungarn. Am 22. Juli 1878 erfolgte die feierliche Übergabe der Rückgliederung des
Banats im großen Saale des Landespräsidentenhauses am Domplatz (später
,,Komitatshaus") zu Temeschburg. Der Freiheitskampf der Ungarn war von einem
immer stärker werdenden Nationalismus geprägt, der sich zum Chauvinismus
steigerte und in einer nationalen Unduldsamkeit gipfelte. Die Madjarisierung sollte
die Einschmelzung der anderen Volksgruppen im Lande bewirken.
2. Schulen in der österreichisch - ungarischen Zeit (1717 - 1919)
In der Einwanderungszeit kamen die deutschen Siedler in schulischer Hinsicht nicht
mit leeren Händen. Die Errichtung von Schulen war eine der Vergünstigungen, die den
Siedlern von der Hofkammer gewährt wurde. Die Lehrer der ersten deutschen Schulen
befanden sich vielfach bereits unter den Einwanderern. Der Lehrer war Angestellter der
Gemeinde, der seine Tätigkeit unter kirchlicher Aufsicht entfaltete. Er wurde ebenso wie
der Pfarrer von der Gemeinde in Natura und Geld entlohnt. Außerdem gab es das Schul-
und Lehrerfeld und das Schulhaus, in dem der Lehrer (Schulmeister) auch wohnte.
Nach Felix Milleker haben die Franziskaner in ihrem Kloster in Temeschburg mit dem
elementaren Unterricht in deutscher Sprache spätestens im Frühjahr 1717 begonnen.
Anscheinend gab es anfänglich neben den Lehrpatres einen weltlichen Schulmeister
und Privatlehrer. 1765 finden wir je einen deutschen Schulmeister in der Festung, in
der Fabrik und in den neuen Meierhöfen. Die Ausbildung der Schulmeister war dem
Zufall überlassen. Bei ihrer Wahl wird hauptsächlich darauf geachtet, dass der zu
Wählende eine lesbare oder feste Handschrift habe. In der Schule wurden die Fächer
Religion, Lesen und Schreiben gelehrt. Andere Fächer wurden nicht unterrichtet.
Verbreitet waren deshalb die Privatschulen (Winkelschulen) und Hauslehrer haben
bei besseren Familien und bei Juden, die keine eignen Volksschulen hatten,
unterrichtet.
Die Aufklärungsbewegung des 18. Jahrhunderts brachte auch in Österreich-Ungarn
tiefgreifende Reformversuche des Unterrichtswesens. Liebe und Verständnis für
Wissenschaft und Künste sollten durch eine vom Staat weitgehend gelenkte
Schulbildung geweckt und gefördert werden. Dies setzte aber geeignete Schulen und
einen umfassenden Unterricht voraus.
Unter Maria Theresia wurde der Abt von Sagan/Schlesien, Johann Ignaz von Felbiger,
mit Einwilligung Friedrichs des Großen, mit der Reform des Schulwesens betraut. Das
von ihm entworfene Schulgesetz, die ,,Allgemeine Schulordnung für die deutschen
Normal-, Haupt- und Trivialschulen in sämtlichen königlichen Erbländern" trat am 6.
Dezember 1774 in Kraft. Sie war für die ganze Monarchie verpflichtend. In den
nichtdeutschen Landschaften hatte der Unterricht in deutscher Sprache und in der
jeweiligen Muttersprache zu erfolgen. Nach der neuen Schulordnung gab es drei
Arten von Schulen: Die Trivialschulen in allen Landgemeinden, die Hauptschulen in
jedem Kreis und die Normalschule in der Hauptstadt jeder Provinz als
Ausbildungsstätte für Lehrer. Die Trivialschulen vermittelten allen Untertanen des
Landes die gehörige Bildung in Religion, Lesen, Schreiben und Rechnen, nebst
Anleitung zu rechtschaffenem Verhalten und zur Landwirtschaft. In den Hauptschulen
sollten außer den Fächern der Trivialschulen auch Latein, Zeichnen, Geometrie,
Erdkunde und Geschichte unterrichtet werden. Die Normalschulen erweiterten den
Stoffkreis der Hauptschulen, dort befand sich auch die Schulkommission, die für die
Errichtung deutscher Schulen im Lande und die Beachtung der Vorschriften aus der
Schulordnung zu sorgen hatte.
In Temeschburg wurde die Normalschule (Lehrerbildungsanstalt) 1775 nach fast
unüberwindlichen Schwierigkeiten errichtet. Es fehlten anfangs die Lehrkräfte, ein
geeignetes Gebäude und die notwendigen Geldmittel. Die Anstellung der
Normalschullehrer bereitete der Schulkommission, die mit der Errichtung der
Normalschule betraut war, besondere Schwierigkeiten. Der Ruf des Banats war in
Wien und in Österreich der denkbar schlechteste, die Sterblichkeitsquote in der
Festung Temeschburg war noch im ersten Drittel des 19. Jahrhunderts erschreckend
hoch.
Nach der 1778/79 erfolgten Eingliederung des Banats in die direkte Verwaltung
Ungarns traten zunächst keine wesentlichen Änderungen ein. Im Stadthaus wurde
erst 1840 die madjarische Amtssprache eingeführt, seit 1842 führten die Seelsorger
die Matrikeln in der Staatssprache und das deutsche Bürgertum setzte dem
Madjarisierungsdruck keinen echten Widerstand mehr entgegen. So wurde diese
wichtige deutsche Schuleinrichtung 1844 aufgelöst. Ihr verdankte das Banat über 600
Lehrer.
Im Zuge der Madjarisierung wurden vor der Jahrhundertwende auch die
Volksschulen erfasst. Im Jahre 1879 wurde an den Volksschulen des Banats Ungarisch
als Pflichtsprache eingeführt. Die deutsche Sprache wurde Schritt für Schritt
verdrängt, zunächst in den städtischen Mittelschulen, danach auch in den
Dorfschulen.
Während anfangs in den Trivial-, Haupt- und Normalschulen die Muttersprache, d.h.
Deutsch, im Banat vorherrschte, war die höhere Schule eine ausgesprochene
Lateinschule. In der Lateinschule zu Temeschburg unterrichteten die Jesuiten von
1725 bis zur Auflösung ihres Ordens durch den Papst am 28.09.1773. Die sogenannte
Lateinschule bestand noch weitere 5 Jahre und wurde 1778 aufgelöst, da in den 6
Klassen nur noch 10 Schüler waren. Die Anzahl der Schüler schwankte in der Zeit von
1762 bis 1773 zwischen 20 bis 70, die von drei Professoren unterrichtet wurden. Im
Mai 1768 besuchte Kaiser Josef II. die Stadt und die Schule.
In Orawitz wurde 1729 die erste Bergbauschule - die erste Industriefachschule des
gesamten südosteuropäischen Raums - gegründet. Die Montanregion zählte zu dieser
Zeit ca. 3.000 Berg- und Hüttenarbeiter, die in vier Revieren tätig waren.
In Deutsch-Orawitz entstand 1793 ein Untergymnasium, in Großsanktnikolaus 1799
eine Landwirtschaftliche Schule und in Deutsch-Lugosch 1817 ein Privatgymnasium.
In Temeswar wurde 1806 ein Priesterseminar ins Leben gerufen und um 1840 fügte
man eine philosophische und juristische Fakultät an, deren Bestand nur von kurzer
Dauer war (1850 wird sie nicht mehr erwähnt).
Die Schule der Piaristen, ein Knabengymnasium, wurde am 23.10.1750 in Sanktanna
gegründet. Da 1788 das Anwesen der Piaristen als Militär-Krankenhaus benötigt wird,
werden die Piaristen auf Erlass des Kaisers Josef II. nach Temeschburg in das alte
Gebäude der Franziskaner versetzt. Die Unterrichtssprache ist lateinisch, ab 1843
ungarisch und 1923 wird die rumänische Sprache eingeführt unter Beibehaltung der
ungarischen Sprache für ungarische Schüler. 1907 gelang dem Orden ein Abkommen
mit der Stadt, wobei nach Überlassung des Anwesens in der Ungureanu Str.
(Musikschule und Banca de Credit) die Stadt sich verpflichtete, ein neues Gebäude
außerhalb der abgetragenen Festungsmauer zu errichten. Im Schuljahr 1909/10
beginnt der Unterricht schon im neuen Gebäude; die Kirche wird 1912 eingeweiht.
Nach 1944, als die deutschen Knabenschulen aufgelöst wurden, hatten die Piaristen
einen großen Zulauf: es mussten Parallelklassen errichtet werden. Durch die
kommunistische Schulreform von 1948 wurden alle konfessionellen Schulen
aufgelöst, auch das Piaristen-Lyzeum und deren Gebäude wurden enteignet.
Um die Mitte des 19. Jahrhundert lebten im Banat auf dem Gebiet der Tschanader
Diözese an die 800.000 röm.-kath. Einwohner, doch es gab kein Frauenkloster, also
niemanden der die vielseitige Aufgabe der Erziehung und des Unterrichts der
weiblichen Jugend hätte übernehmen können. Bischof Alexander Csajagy lernte um
diese Zeit den 1833 in Bayern von Karolina Gerhardinger gegründeten Orden der
Armen Schulschwestern v.U.Lb.Fr. kennen, deren Tätigkeit, Erfahrung und Zielsetzung
er im Banat nutzen wollte. Die Generaloberin unterstützte das Vorhaben und im
Oktober 1858 kamen 6 Schwestern aus München nach Temeschburg. Die Nonnen aus
Bayern errichteten in der Inneren Stadt, gegenüber dem Hunyadi-Kastell, innerhalb
von 5 Jahren ihr erstes Kloster in Ungarn mit je einer Elementar- und einer Höheren
Mädchenschule und einem Internat. Dank ihrer anerkannten und segenreichen
Tätigkeit wurden neue Filialen in Perjamosch (1860), Lippa (1862), Orawitza (1864),
Szegedin (1873), Lugosch (1874), Großbetschkerek (1880) und Földeak (1881)
gegründet. Ab 1882 setzt das in der Inneren Stadt errichtete Kloster seine fruchtbare
Tätigkeit nur mehr als Filiale fort. Andere Filialen entstanden auch in der Elisabeth-
und Fabrikstadt. Zum Zentrum und Mutterhaus wurde das Kloster in der Josefstadt
bestimmt, ein Gebäudekomplex, der 1881 zeitgemäß und großflächig errichtet
wurde. Der Neurenaissancebau wie auch die später erbaute Kirche wurden vom
Temesburger Architekten und Bauunternehmer Eduard Reiter entworfen und
ausgeführt. In der Zwischenkriegszeit 1935-1937 wurde der Schulkomplex mit dem
Gebäudeflügel erweitert, der zeitweise das Haus der Studenten beherbergt. Architekt
war Michael Wolf. Die aus Bayern stammenden Nonnen unterrichteten anfangs in
deutscher Sprache, ab 1881 Deutsch und Ungarisch und erst Ende des 19. Jh. wurde
auch in den unter der Leitung des Klosters befindlichen Lehranstalten Ungarisch für
Alle eingeführt. Nach Trianon konnte erst 1920 die deutsche Unterrichtssprache
eingeführt werden. Die Lehrerinnenbildungsanstalt im Josefstädter Kloster zu
Temeschburg behielt die madjarische Unterrichtssprache bis 1921 und strich
Ungarisch als Unterrichtsgegenstand erst 1924. Eine ganze Folge weiblicher
Generationen des Banats hat ihre Schulbildung in der einen oder anderen Abteilung
(Volksschule, Bürgerschule, Präparandie, Lyzeum) im "Kloster Notre - Dame"
genossen, das sich allgemeiner Hochachtung erfreute. 1948 erfolgte die Auflösung
und Enteignung des Klosters.
Das Verlangen der Temeschburger Bürger nach einer höheren Lehranstalt führte
dazu, dass 1870 die "Königlich Ungarische Oberrealschule" gegründet wurde. Die
Söhne des erstarkten Bürgertums sollten in einer neuen Erziehungsstätte für den
Aufstieg und Fortschritt in der Wirtschaft ertüchtigt werden. Da noch kein Gebäude
vorhanden war, behalf man sich mittels einer provisorischen Unterbringung der
bestehenden Klassen 1-4 im BürgerspitaI. Ursprünglich, ab 1761, war an der Stelle
der heutigen Nikolaus Lenau Schule das raizische Rathaus. Nach der
Zusammenlegung des deutschen und des raizischen Magistrats 1822 wurden die
Innenräume des Hauses mit der schönen Barockfassade für Theaterzwecke
hergerichtet. Seit 1795 gehörten ein Tanzsaal, ein Kaffeehaus und eine Gastwirtschaft
dazu. Hier gab Franz Liszt am 2., 4. und 17. November 1846 je ein Konzert und Johann
Strauß (Sohn) gab 1847 in Temeschburg 3 Konzerte, davon das zweite am 12.
November im Theater. Johann Strauß konzertierte am 7., 8. und 14. Juli 1874 noch
ein zweites Mal in Temeschburg. Der junge Mihai Eminescu gastierte hier 1868 mit
dem rumänischen Theater Mihai Pascaly aus Bukarest als Souffleur.
Nach verschiedenen Überlegungen war man entschlossen, das alte Theater zu
schleifen und so den entstehenden Bauplatz für die Oberrealschule bereit zu stellen.
Das Gebäude, das die heutige Nikolaus Lenau Schule beherbergt, wurde in den
Jahren 1878 bis 1879 an Stelle des Deutschen Theaters von den Temeschburger
Baumeistern Josef und Johann Reiber errichtet.
Die Unterrichtssprache war anfangs Deutsch - die Deutschen stellten immer noch
Dreifünftel der Einwohnerzahl von Temeschburg - aber bereits 1879 war es den
Schülern im Schulgebäude untersagt eine andere Sprache als das Ungarische zu
sprechen. Die heftigste Madjarisierungswelle setzte jedoch erst 1907 mit der
Schulgesetzgebung des Grafen Aponny ein. Ungarisch wurde Unterrichtssprache von
der ersten Klasse an, die obligatorische ungarische Sprache dehnte sich auf die
Unterrichtspausen aus, in manchen Dörfern sogar auf den geordneten
Nachhauseweg. Das reichte den Chauvinisten nicht. In der heranwachsenden Jugend
sollte das Bewusstsein geweckt werden, es sei eine Schande, nicht dem edlen
Madjarentum, sondern irgendeinem anderen, minderwertigerem Volk anzugehören.
Gerade und vor allem die Dorfbevölkerung konnte kein Ungarisch. Die Leute mussten
in der Kirche beten oder eine Predigt anhören in einer Sprache, die sie nicht
verstanden. Am Ende konnten sie weder Ungarisch noch Deutsch. Wer in Ungarn
Karriere machen oder in den Genuss von Privilegien kommen wollte, hatte sich mit
ungarischer Identität auszuweisen. Nicht wenige Akademiker gingen den Kompromiss
der Namensänderung ein und wandten sich von ihrem Volkstum ab.
3. Schulen im rumänischen Banat (1919 - 2000)
Nach dem 1. Weltkrieg, 1919, wurden das Banat und seine Bevölkerung erneut
"verschachert". Diesmal wurde es zerstückelt als Ergebnis der Friedenskonferenz von
Trianon, eine Siegerkonferenz, der es vor allem darauf ankam, die Donau-
Doppelmonarchie endgültig zu zerschlagen. Für das Banat bedeutete dies eine
Dreiteilung: Ein kümmerlicher Rest verblieb bei Ungarn, ein Drittel ging an das
neugegründete Königreich Serbien, ca. zwei Drittel fielen an das Königreich
Rumänien. Infolge seines vorangegangenen sechshundertjährigen Daseins als
türkische Randprovinz war Rumänien am Ende des Ersten Weltkrieges ein in jeder
Hinsicht rückständiges Land. (Die 1859 vereinigten Fürstentümer Moldau und
Walachei erlangten ihre Unabhängigkeit 1878.) Das Glück wollte es, dass es, ein
knappes Jh. alt, in Trianon am grünen Tisch Bessarabien, das Buchenland,
Siebenbürgen und das Banat geschenkt erhielt für treue Kriegsdienste, von denen
niemand wusste, worin sie bestanden. Es hatte an allen Fronten nur schwere
Niederlagen erlitten, selbst die Hauptstadt Bukarest war schon bald nach dem
Kriegseintritt (1916) besetzt worden, und schließlich musste es sich einem
Friedensdiktat durch die deutsche Armee beugen, und schied demnach eigentlich
schon 1917 aus dem Krieg wieder aus. Doch 2 Jahre später saß es am
"Weihnachtstisch" von Trianon und wurde geradezu in unglaublicher Weise beschert.
Der Gebietsgewinn brachte dem Land nicht nur eine Verdoppelung seines
Staatsgebietes, es erhielt schon allein mit dem Banat ein ausgesprochenes Juwel.
Man kann das in zwei Begriffen ausdrücken: Die "kleinen Krupp-Werke" im Bergland
und die "kleine Kornkammer Europas" im übrigen Teil. Dann waren da noch die
Städte, allen voran Temeswar, eine Stadt europäischen Ranges aufgrund ihrer
architektonisch wertvollen Bausubstanz, ihrer geistig-kulturellen Ausstrahlung infolge
ihres technischen Fortschrittes und ihrer beachtlichen Wirtschaftskraft. Im Jahre
1910 waren hier bereits 1.850 gewerbliche Betriebe, darunter 65 Fabriken
angesiedelt. Hinzuzurechnen sind die übrigen kleineren Banater Städte: Arad, Detta,
Großsanktnikolaus, Hatzfeld, Karansebesch, Lugosch u.a. In einfachen Zahlen
ausgedrückt, ist das insgesamt so darstellbar: 1919 führte das Agrarland Rumänien
Landwirtschaftserzeugnisse im Wert von 2,3 Millionen Lei aus; 1920, nachdem die
"Bescherung" stattgefunden hatte, für 2,4 Milliarden Lei. Bei den Verhandlungen um
den Erhalt der neuen Gebiete hatten die rumänischen Vertreter versprochen, allen
Völkern und Volksgruppen im neuen Staat Gleichberechtigung mit der rumänischen
Nation zu gewähren, vor allem aber deren nationale und kulturelle Eigenheiten nicht
anzutasten.
In den ehemals madjarisierten Schulen war die deutsche Sprache völlig
untergegangen. Um 1914 sprachen die gebildeten Schwaben untereinander
Ungarisch. Nach 1918 vollzog sich ein Umschwung und alle fanden zu ihrer
Muttersprache und volkseigenen Kultur zurück. Eine deutsche Oberschule sollte
genehmigt werden, wenn sich für jede Klasse mindestens 20 Schüler einschreiben
würden. Zwischen dem 29. September und 12. Oktober 1919 fanden die
Einschreibungen in den Räumen des Deutsch-Schwäbischen Kulturverbandes statt,
der im Dikasterialgebäude untergebracht war. Es meldeten sich 316 schwäbische
Jungen und Mädchen, so konnte das erste Schuljahr am 13.Oktober 1919 beginnen.
Die Anfangsschwierigkeiten begannen mit der Frage der Unterbringung des Instituts.
Obwohl in Temeswar wie auch im Komitat Temesch -Tortontal die Deutschen die
größte Bevölkerungsgruppe darstellten, waren sämtliche staatlichen Schulgebäude
bereits für rumänische Anstalten bestimmt: Das Staatsobergymnasium, erbaut
1903/1904, wurde zum "C.D.Loga Lyzeum", das auch 1903-1904 erbaute Gebäude für
höhere Töchterschule wurde zum "Carmen Sylva - Mädchen Lyzeum"und das Haus
der staatlichen Lehrerpräparandie wurde zum "Liceul Pedagogic". Im heutigen
Rathaus wurde in der ungarischen Zeit mit dem Bau eines Handelsgymnasiums
begonnen und nach 1919 fertiggestellt und als solches bis 1948 genutzt. Der neu
gegründeten Schule mit dem Namen "Deutsches Staatliches Realgymnasium" hat der
Direktor der rumänischen Oberschule 4 Klassenräume und ein Raum für die Kanzlei
bereit gestellt, sie wurde jedoch in dem Gebäude der ehemaligen Königlichen
Ungarischen Oberrealschule untergebracht. Darin befand sich noch die ungarische
Realschule, die vormittags Unterricht hatte, die deutschen Klassen der neu
gegründeten Schule nachmittags. In den ersten zwei Schuljahren waren auch
Mädchen in den Klassen, da es für die deutschen Mädchen noch keine eigene
Mittelschule gab. In der Zeit von 1920 bis 1925 hieß die Schule "Deutsch-Ungarisches
Staatslyzeum", danach „Deutsches Staatslyzeum“ später „Deutsches Staatslyzeum für
Knaben“. 1942 kam es unter die Verwaltung der Deutschen Volksgruppe in
Rumänien, wurde in das Gebäude der Banatia ausgelagert und trug den Namen
"Lenau Oberschule". In dem Schulgebäude waren bis September 1944 eine
Mädchenoberschule und eine Lehrerinnenbildungsanstalt untergebracht.
Nach dem Anschluss des östlichen Teils des Banats an Rumänien entstanden noch
weitere deutsche Bürgerschulen in Perjamosch, Modosch, Lugosch, Detta und Arad
(1921 nach Neuarad verlegt) sowie deutsche Abteilungen an der Städtischen
Handelsschule in Temeswar, an der Realschule in Reschitz und an der Bürgerschule in
Großsanktnikolaus.
Es war ein alter Wunsch der Banater Schwaben, eine konfessionelle deutsche Schule
mit Internat als Gegengewicht zum staatlichen Realgymnasium das zeitweise durch
Rumänisierung bedroht war, zu haben. So entschloss man sich, ein deutsches
katholisches Schulzentrum, die "Banatia", zu errichten. Das Gebäude wurde 1925/26
erbaut und in den darauf folgenden Jahren mehrmals erweitert: 1930 um 12
Klassenräume, 1934 um weitere 16 Klassenräume und 1935 kam der Turnsaal dazu.
Der Architekt war Mathias Hubert. Im Herbst 1926 hat man mit dem Unterricht
begonnen. Die Finanzierung erfolgte durch eine neu gegründete Aktiengesellschaft.
Ungefähr die Hälfte des Kapitals zeichneten Banater Schwaben. Ein Viertel davon,
also ein Achtel der Gesamtsumme steuerte das Temeswarer röm.- kath. Bistum bei,
in dem es den großen Baugrund übereignete und im Gegenwert Aktien erhielt. Ein
Viertel der von der Bevölkerung gezeichneten Aktien stammte von Landsleuten aus
Amerika. Die andere Kapitalhälfte kam als Anleihe aus Deutschland. Die erste
Innenausstattung stammte zum großen Teil auch aus zusätzlichen Spenden der
Banater Deutschen. Um die Errichtung und die Ausstattung machten sich die
Temeswarer Ärzte, Dr. Hans Eschker und Dr. Nikolaus Hoffmann so wie viele Andere
verdient. In dem Gebäude waren die Lehrerbildungsanstalt gegründet 1920 mit
zugehöriger Übungsschule, ein zum Abitur führendes Knabenlyzeum, eine
vierklassige Wirtschaftsoberschule, das Realgymnasium (ab 1942), eine
Knabenmittelschule, eine Lehrlingsschule, eine Gewerbeschule zur Erwachsenen-
Fortbildung und das Schülerheim mit 480 Jungen untergebracht. 1940 gingen hier
täglich um die 1600, später 1800 Schüler ein und aus, es war der größte deutsche
Schulkomplex in Südosteuropa. Die unzulängliche und vielfach unzuverlässige
Unterstützung durch den Staat sowie die hohen Schulgelder der Schüler konnten die
Finanzierung des Schulbetriebs nicht decken. Dies konnte von Anfang an nur mit
regelmäßigen, großzügigen Zuwendungen aus Deutschland geschehen. Dadurch war
es auch möglich, dass bis 30% der Schüler einer Klasse wegen Mittellosigkeit der
Eltern gar kein Schulgeld, und bis zu 20% nur die Hälfte bezahlt haben. Die Schüler
der Lehrerbildungsanstalt waren fast alle vom Schul- und Kostgeld befreit. Auch gab
es eine große Anzahl von Schülern im Internat, die keine der Banatia-Schulen,
sondern das Realgymnasium oder eine andere Schule besuchten und wegen der
Vermögenslosigkeit ihrer Eltern vom Kostgeld ebenfalls befreit wurden.
Von den vielen Leistungen des geschätzten Professors Dr. Hans Weresch nicht nur als
Lehrer sondern auch als Meister im Planen, Organisieren und Durchführen von
Großveranstaltungen möchte ich eine hervorheben. Anlässlich der Feier zum 100.
Todestags von Goethe 1932 brachte er das Meisterstück fertig, zur Matinee im
Stadttheater auch je einen Redner aus dem rumänischen, ungarischen, serbischen
und jüdischen Bevölkerungsteil der Stadt zu gewinnen. Beeindruckt hat die Rede des
Oberrabbiners in vollendetem klassischen Deutsch.
Nach 1933 geriet das Banater Deutschtum allmählich in den Sog des
Nationalsozialismus. 1940 entstand die Deutsche Volksgruppe in Rumänien als
"juristische Person des öffentlichen Rechts" und 1942 kamen die deutschen Schulen
Rumäniens in die Verwaltung der Volksgruppe auch die Banatia wurde ihr übergeben.
Nach dem Umsturz Rumäniens am 23. August 1944 wurde die Schule aufgelöst, das
Gebäude verstaatlicht und darin die Medizinische Hochschule untergebracht.
Gleichfalls aus banat-schwäbischen Mitteln wurde 1927 die deutsche Ackerbauschule
in Wojtek durch den tatkräftigen Einsatz von Dr. Kaspar Muth und Dr. Hans Mayer
gegründet. Hier bildete man unter Betreuung der Stuttgarter Landwirtschaftlichen
Hochschule künftige Landwirte aus nach dem neuesten Stand der Agrarwissenschaft.
Ein eigenartiges Los nach der Entstehung und Weiterentwicklung war dem deutschen
Realgymnasium in Hatzfeld beschieden. Während der serbischen Besatzung
beschloss der Gemeinderat im Sommer 1919, die bis dahin madjarische
Gemeindebürgerschule in ein deutsches Realgymnasium umzuwandeln. Die Schule
wurde am 1.09.1919 eröffnet, und Hatzfeld fiel an Serbien. Als Hatzfeld 1924 zu
Rumänien kam, wurde das inzwischen verstaatlichte Gymnasium nach Werschetz
verlegt, sehr bald slawisiert bzw. aufgelassen. In Hatzfeld selbst aber entstand später
ein deutsches Untergymnasium der Kirchengemeinde mit 4 Klassen.
Um 1935 hatten die Banater Schwaben in Rumänien 16 konfessionelle mittlere und
höhere Schulen mit rund 2.000 Schülern und Schülerinnen und 140 deutschen
Lehrkräften, ca. 65 konfessionelle Volksschulen mit rund 9.700 Kindern und 165
deutschen Lehrerpersonen, sowie eine beachtliche Anzahl konfessioneller
Kindergärten.
Nach einer Statistik von 1941 für das Schuljahr 1939/40 standen den deutschen
Kindern des Banats 176 Volksschulen und 43 Kindergärten zur Verfügung. Davon
waren 111 Volksschulen und 27 Kindergärten staatlich. Von den 25.752 deutschen
Volksschülern besuchten 16.346 Staatsschulen. Nach Anstalten wie nach Kinderzahl
waren Volksschulen und Kindergärten zu 63 % staatlich.
Der Frontwechsel Rumäniens am 23. August 1944 im Zweiten Weltkrieg (1939 -1945)
war der Anfang vom Ende des Deutschtums in Rumänien: Kein Ende mit Schrecken,
sondern ein Schrecken ohne Ende. Über Nacht wurden die Verbündeten zu Feinden
und die deutsche Bevölkerung Rumäniens als Kriegsverbrecher behandelt mit
folgenschweren Ereignissen: Entrechtung, d.h. Verlust der Bürgerrechte, Schließung
aller deutschen Schulen mit Ausnahme die Klosterschulen, Deportation zur
Zwangsarbeit in die Sowjetunion im Januar 1945, Agrarreform 1945 mit der
Totalenteignung aller Deutschen einschließlich ihrer Wohnhäuser und das
Hereinbringen rumänischer Kolonisten in die schwäbischen Dörfer.
Das neue kommunistische, in der damaligen Sprache volksdemokratische Regime,
war moskautreuer als jedes andere in Osteuropa und nach Direktiven der
Sowjetunion erfolgte 1948 die Verstaatlichung der gesamten Wirtschaft und aller
kulturellen Einrichtungen. Eine Schulreform nach sowjetischem Vorbild wurde
durchgesetzt. Das neue einheitliche Bildungssystem hatte als Ziel die Erziehung der
Kinder und Erwachsenden im Sinne der kommunistischen Ideologie. Die eingeführten
„Einheitslehrbücher“ waren anfangs russische Übersetzungen. Man wendete dabei
auch die stalinistische Nationalitätenpolitik an, d.h. die theoretische
Gleichberechtigung aller nationalen Minderheiten, mit muttersprachlichem
Unterricht vom Kindergarten bis zum Abitur. Die 7-klassige Volksschule wurde durch
die Allgemeinschule mit 7 Klassen ersetzt, wobei die Klassen 5 - 7 den Klassen 1 - 4
eines Gymnasiums angeglichen wurden. In diesem Zusammenhang entstand im
Schuljahr 1948/49 wieder eine deutsche Oberschule, das "Deutsche Gemischte
Lyzeum" zu Temeswar, die "Deutsche Pädagogische Schule" und später Klassen mit
deutscher Unterrichtssprache an einigen der neu gegründeten "Technischen
Mittelschulen". Die deutschen Schulgebäude wurden nicht zurückgegeben; das
Deutsche Lyzeum wurde im rumänischen C. D. Loga Lyzeum untergebracht. Die im
Januar 1945 zur Zwangsarbeit in die Sowjetunion und 1951 in die Baragansteppe
deportierten Jugendlichen konnten nach der Heimkehr an Tages- oder Abendkursen
bzw. als Privatschüler hier den Abschluss nachholen.
Durch die Bemühungen der Schulleitung und mit freiwilliger Arbeit der Schüler im
Schuljahr 1950/51 konnte, neben der Hauptpost im Erdgeschoss des nicht
vollendeten Teils des Hauses, eine Kantine und ein Mädcheninternat und später am
Domplatz auch eines für Jungen entstehen.
Es mangelte an Lehrsälen, an Räumen für Laboratorien, Lehrerzimmer, Bibliothek,
und Lehrmitteln. Für das Schuljahr 1955/56 gelang es dem damaligen Direktor, Dr.
Heinrich Feichter das ehemalige Gebäude des Deutschen Staatlichen
Realgymnasiums zu erhalten, wo das Nikolaus Lenau Lyzeum auch heute noch
existiert.
Vor dieser Schulreform konnte man die Hochschulreife nach 12 Schuljahren, d h.
nach 4 Volksschulklassen und 8 Klassen an einem Lyzeum (Gymnasium) erreichen.
Nach der Schulreform 1948 führten 11 Klassen zur Hochschulreife. Ab dem Schuljahr
1953/54 hieß die Schule "Mittelschule Nr. 2" (sowjetische Nummerierung der
Schulen) und zur Hochschulreife benötigte man nur noch 10 Klassen wie in der
Sowjetunion, danach von 1958/59 wieder 11 Klassen. Die ersten Absolventen nach
12 Klassen waren die des Jahrgangs 1968/69. Auf Beschluss des Ministeriums für
Unterricht und Kultur erhielt die Schule am 26.05.1957 den Ehrentitel "Nikolaus
Lenau". Diese Namensverleihung wurde im Festsaal der Schule gefeiert, der Name
wurde aber fast nicht benutzt.
Sei der Gründung der Schule funktionierte sie mit den Klassen 5 - 11, dazu kamen
später die Klassem 1 – 4 und 1960 die Allgemeinschule Nr. 26 und noch drei 8.
Klassen mit rumänischer Unterrichtssprache. Mit der im Schuljahr 1957/58 hinzu
gekommenen ungarischen Abteilung mit vier Volksschulklassen ist die Schülerzahl
von 700 auf 1300 angestiegen. Die Schule wurde allmählich eine rumänische Schule
mit deutscher Abteilung. Bis zum Jahre 1963 nimmt die Schülerzahl der Tages- und
Abendkurse bis auf 2.500 zu. Im Jahre 1964/65 wird die Abendschule an die
Mittelschule Nr. 3 verlegt. Es bleiben 48 Klassen mit 1.626 Schülern in den
Tageskursen und 500 Schüler der 5. – 8. Klasse mit Fernunterricht. Der Unterricht
wird von 73 Lehrkräften geleitet. Die Schule verfügt über zwei Gebäude, eine Kantine
und ein Internat für 100 Mädchen und Jungen.
Mit den dazugekommenen rumänischen Klassen kamen vereinzelt auch rumänische
Schüler in die deutschen Klassen. Diese Schüler hatten die Möglichkeit, die deutsche
Sprache und Kultur zu erlernen, ohne Auslandsaufenthalt, der damals gar nicht
möglich war. Durch ihre guten schulischen Leistungen waren sie eine Bereicherung
für die deutschen Klassen.
Im Schulbericht 1956/57 wird für 1958 eine Feier für das zehnjährige Bestehen der
Schule angekündigt.
Am 25. Oktober 1970 sollte das „hundertjährige“ Bestehen der Schule im Festsaal
gefeiert werden doch aus Platzmangel hat man die Feier kurzfristig in die Staatsoper
verlegt. Dazu hat man überraschend die im Unterputz des Torgewölbes befindliche
Gedenktafel in ungarischer Sprache freigelegt. Deren Übersetzung lautet:
„Hier stand das Raizische Magistratsgebäude, das man 1761 errichtete. Ab dem
Jahre 1782, als Temeswar zur Könglichen Freistadt erklärt wurde und die
Sondermagistrate aufgelöst wurden, benutzte man das Gebäude bis zum Jahre 1792
für andere Zecke, indem die Stadtverwaltung es in ein Theater und eine
Vergnügungsstätte umwandelte. Bis zum Jahre 1874 diente es als ständiges
deutsches Theater. Auf Anregung von Minister Eötvös und Bürgermeister Karl Küttl
gründete man in Temeswar eine Staatliche Oberrealschule, deren Gebäude in den
Jahren 1878-1879 auf dem geschichtlichen Boden errichtet wurde“.
Durch ein Dekret des Staatsrates wurde der Name "Nikolaus Lenau Lyzeum" bestätigt
und wird fortan und bis heute noch verwendet.
Vor dem Nikolaus Lenau Lyzeum waren folgende Schulen in dem Gebäude
untergebracht: Die Königlich Ungarische Oberrealschule (1870 – 1919), das Deutsche
Staatliche Realgymnasium (1919 – 1942), eine Mädchenoberschule und eine
Lehrerinnenbildungsanstalt (1942 – 1944) und nach der Schulreform von 1948 für
kurze Zeit die Deutsche Pädagogische Schule und bis 1955 die Arbeiterfakultät.
Ab September 1971 wurden alle Klassen mit rumänischer Unterrichtssprache an
andere Schule angegliedert und die deutsche Abteilung des Lyzeums Nr. 10 aus der
Josefstadt wurde an die Lenau-Schule verlegt. Der Schulleiter wurde Erich Pfaff. Unter
den Schülern befand sich auch Herta Müller, die im Schuljahr 1971/72 die
Hochschulreife erlangte und 2009 den Nobelpreis für Literatur erhielt.
Stefan Hell erhielt 2014 den Nobelpreis in Chemie und war auch in der 9. Klasse
Lenauschüler.
Die Leitung der Schule von 1948 bis in die Gegenwart hatten folgende Direktoren
inne: Dr. phil. Heinrich Feichter (1948 - 1962), Lucia Blaga (1962 – 1965), Liviu Pop
(1965 - 1969), Floare Glaja (1969 - 1971), Erich Pfaff (1971 - 1987 und 1990 - 1992),
Erika Müller (1987 - 1990), Ovidiu Gant (1992 - 2001), Helene Wolf (2001 bis heute).
Die Schule war Mittelpunkt vieler deutscher kultureller Veranstaltungen und war
Ausstrahlungszentrum von Bildung und Kultur im Banat. Nach dem Frontwechsel
Rumäniens am 23. Augst 1944 gab es keine Kulturveranstaltungen in deutscher
Sprache. Erst am 26.06.1953 fand die feierliche Wiedereröffnung des Deutschen
Staatstheaters in Temeswar statt. Das neu gegründete "Deutsche Gemischte Lyzeum"
übernahm eine wichtige kulturelle Funktion. Im Winter 1949 wurde ein "Bunter
Abend" aufgeführt, nach Ostern "Kabale und Liebe" in den darauf folgenden Jahren
"Der zerbrochene Krug", "Egmont", "Emilia Galotti", "Der verkaufte Großvater", ein
neuer "Bunter Abend" u.s.w. Die Vorstellungen wurden nicht nur in Temeswar, auch
in vielen Dörfern des Banats aufgeführt. Auch die sonntägigen Tanznachmittage der
Schüler, die Absolventenbälle sowie die Gründung der deutschen Abteilung der
Volkshochschule durch Erich Pfaff haben dazu beigetragen die Identität der Banater
Schwaben zu stärken und zu erhalten. Der Kampf der deutschen Bevölkerung des
Banats für die deutsche Unterrichtssprache hat sich gelohnt, denn bis heute ist sie
erhalten geblieben, obwohl Schüler deutscher Volkszugehörigkeit dort kaum mehr
vertreten sind.
Amberg, im Oktober 2013, überarbeitet im Juni 2017
Karl Josef Wilz,
Schüler (1948 - 1954) und Lehrer (1967 - 1977) für Mathematik-Physik am Deutschen
Lyzeum/ Nikolaus Lenau Schule, zu Temeswar
Kompilation aus:
- Hans Diplich und Christof Deffert: „Das staatliche deutsche Realgymnasium zu
Temeswar. Die deutsche Mittelschule Nr. 2 Nikolaus Lenau zu Temeswar“. Verlag
J.G. Bläschke, 1982.
- Kaspar Hügel: „Das Banater deutsche Schulwesen in Rumänien von 1918 bis 1944“.
Verlag des Südostdeutschen Kulturwerks, 1968.
- Anton Valentin: „Die Banater Schwaben“, Landsmannschaft d. Banater Schwaben
aus Rumänien in Deutschland e.V., 1959.
- János Szekernyés: „Notre-Dame“, Signata Verlag Temesvár, 2002
- Franz Marschang: „Wo sind sie geblieben...? Das Banat und die Banater Deutschen
im Wandel der Zeit“. Verlag W. Holler, Karlsruhe, 2009.
- Anton Peter Petri: „Die katholische Normalschule in Temeschwar/ Banat“. Verlag
des Südostdeutsche Kulturwerks München, 1980.
- „Temeschburg – Temeswar“, HOG Temeswar, 1994.
- „Jahrbuch der Allgemeinbildenden Mittelschule Nikolaus Lenau“. Herausgegeben
von der Schulleitung und dem Elternbeirat 1970.
- Josef Volkmar Senz: „Geschichte der Donauschwaben“. Donauschwäbische
Kulturstiftung, 1989.